
2023 beschlossen, 2024 eingeführt, 2025 verschärft: die neue Einkommensgrenze für das Elterngeld. Zu gut verdienende Eltern erhalten nun keine Zuschüsse mehr, wenn sie sich um die Kinderbetreuung kümmern.
Mit der Kürzung beim Elterngeld wurden viele Diskussionen laut. Die Petition von Verena Psauder gegen die geplanten Änderungen sammelte in Kürze zahlreiche Unterschriften. Aber ist die Sache wirklich so markant oder sollten wir uns glücklich schätzen, überhaupt Elterngeld vom Staat zu bekommen? Ich will euch hier meinen Blick auf die Dinge mitgeben
Worum geht es genau?
Als eine der Sparmaßnahmen des Bundes steht das Elterngeld nicht mehr allen Müttern und Vätern zu, die Elternzeit nehmen. Es ist von nun an gekoppelt ans Einkommen: Verdienst du gemeinsam mit deinem Partner mehr als 200.000€ und euer Kind wird nach dem 1. April 2024 geboren, dann steht euch kein Elterngeld mehr zu. Erblickt euer Kind nach dem 1. April 2025 das Licht der Welt, dann liegt die Einkommensgrenze bei 175.000€.
Gemeint ist jeweils euer zu versteuerndes Einkommen. Dies ist geringer als euer Bruttoeinkommen, denn Dinge wir eure Sozialversicherungsbeiträge und Zahlungen für private Rentenversicherungen sind hier bereits abgezogen.
Elterngeld: Unterstützung für alle!?
Als ich zuerst davon hörte, hab ich gedacht: Der Staat sollte vor allem die sozial schwächeren unterstützen. Gehört man mit einem Einkommen von mehr als 200.000€ dazu? Eher weniger. Das Durchschnittsgehalt 2023 lag bei knapp 52.000€ brutto. Wenn beide Partner also etwa durchschnittlich verdienen, liegt das fernab von 200.000€.
Ist also eine Unterstützung auch für Gutverdiener notwendig? Man mag meinen, dass man mit hohem Gehalt auch mehr Geld auf die hohe Kante legen konnte, auch das während der Elternzeit zurückgegriffen werden kann. Doch durch meine Erfahrungen aus dem Bankenbereich weiß ich: Theoretisch ja, praktisch ist das nicht der Fall.
Menschen tendieren dazu, ihr Geld auszugeben und nicht auf dem Konto liegen zu lassen. Zum Sparen und Investieren lohnt es sich daher auch, mit Daueraufträgen und Sparplänen direkt am Anfang des Monats Geld auf Sparkonten und Depots zu verschieben.
Sicherheit bei Unsicherheit
Während meiner eigenen Schwangerschaft habe ich dann gemerkt, dass das Baby mit vielen Fragen und offenen Themen kommt. Wie wird das Leben mit Kind sein? Wie wird sich das eigene Leben ändern? Wie wird man gesundheitlich alles überstehen? Wie geben wir unserem Baby ein gutes Leben?
Die Zeit ist super aufregend, wenn auch emotional aufwühlend. Über allem steht das Thema Unsicherheit. In dieser Zeit ist es hilfreich, wenn man sich um finanzielle Themen nicht ganz so viele Gedanken machen muss.
Elterngeld und Steuersätze
Im Gespräch kam von einigen kinderlosen Kollegen die Meinung auf, man solle sich mal nicht beschweren. Immerhin gebe es überhaupt Elterngeld. Das haben andere Länder nicht. Warum sich da aufregen, anstatt froh zu sein, dass es überhaupt etwas gibt?
An dem Punkt ist etwas dran. Gleichzeitig darf man auch nicht vergessen, dass wie hierzulande deutlich mehr Steuern zahlen als in anderen Ländern. Mit niedrigeren Steuersätzen hätte man mehr Möglichkeiten, Geld für die Elternzeit beiseite zu legen. Und hätte man das direkt zum Berufseinstieg gewusst, dann hätte man auch entsprechend dafür sparen können.
Bei Änderung der Elterngeld-Regelungen innerhalb von weniger als einem Jahr ist das weniger möglich. Ich kann Eltern deshalb gut verstehen, die gegen die Neuregelung protestieren, weil sie jetzt nicht mehr wie angenommen Elterngeld bekommen.
Lohnt sich ein guter Job noch?
Hinzu kommt der markante Punkt, dass Besserverdiener natürlich auch entsprechend mehr Steuern in die Kassen einzahlen, als es Personen mit einem Einkommen von ~30.000€ tun. Und jetzt erhalten sie dazu auch noch weniger Leistungen.
Da fragt man sich, ob es sich da wirklich noch lohnt, die Karriere zu pushen und sich für einen gut bezahlten Job hochzuarbeiten. Wäre nicht ein Teilzeitjob mit mehr Freizeit und weniger Steuern sinnvoller, wenn man hier auch in der Elternzeit unterstützt wird?
Sparkurs statt Förderung von Familien
Was mich zur Neuregelung beim Elterngeld und der damit verbundenen Einkommensgrenze am meisten aufregt, ist, dass bei Familien gespart wird. Familien sind die Säulen, die die Gesellschaft erhalten. Sie sollten gefördert und unterstützt werden.
Denn finanziell bedeuten Kinder Einbußen: Unbezahlte Care-Arbeit, Job in Teilzeit, weniger Rentenansprüche, Kinderbetreuungskosten. Natürlich weiß man das alles im Vorfeld. Und trotzdem heißt es nicht, dass das alles einfach zu managen ist.
In ohnehin schon geburtenschwachen Jahren ist Sparen bei Familien ein Zeichen in die falsche Richtung. Will man denn erreichen, dass noch mehr Frauen sich gegen Kinder entscheiden?
Mehr Abhängigkeit für Frauen
Für Frauen kommen mit der Geburt von Kindern zahlreiche Risiken auf. Allen voran sind es gesundheitliche, doch auch die finanziellen sollten nicht außer Acht gelassen werden. Denn selbst mit Erhalt vom Elterngeld steckt man zurück, verzichtet auf sein Einkommen. Ist eine Zeit raus aus dem Job und nicht sicher, ob man danach wieder die gleichen Aufgaben bekommt. Kümmert sich ums Baby, während Männer die Möglichkeit nutzen können sich beruflich weiterzuentwickeln.
Ja, heutzutage kann man die Care-Arbeit auch 50:50 aufteilen, wenn man das möchte. Nichtsdestotrotz, die körperlichen Strapazen rund um Schwangerschaft und Geburt liegen bei der Frau, nicht dem Mann. Und man braucht einfach einiges an Zeit, um sich davon zu erholen. Zudem kann das Kind nicht gestillt werden, wenn (nur) der Vater Zeit hat sich darum zu kümmern.
Der Wegfall vom Elterngeld bedeutet nun, dass man als Frau für eine Zeit lang gar kein eigenes Einkommen hat. Sich also zu 100% auf den Partner und sein Gehalt verlassen muss. Das passt nicht richtig zum weit verbreiteten #femaleempowerment, sondern ist eher ein Schritt rückwärts.
Keiner denkt an Hauptverdienerinnen
Besonders scharf mag die Situation für die Paare sein, bei denen die Frau den Löwenanteil verdient. Hier mag es eher noch in Frage kommen, dass man sich kurz nach dem Mutterschutz schon im Job zurück meldet. Vor allem dann, wenn jetzt das Elterngeld wegfällt. Man hat wohl kaum eine andere Wahl, wenn das Gehalt vom Mann sonst nicht für Familie reicht.
Fazit
Das Elterngeld gibt einem Sicherheit, in einer Situation in der vieles andere unsicher ist. Es ist eine Unterstützungsleistung, auf die sich (werdende) Familien bereits eingestellt haben und die sinnvoll ist, um Familien zu fördern. Zudem gibt Elterngeld Frauen mehr Unabhängigkeit während der Care-Arbeit, weil sie ihr eigenes Geld erhalten.
So richtig verlassen kann man sich auf die Politik gar nicht. Da werden Prämien und Programme über Nacht abgekündigt und wer fest damit gerechnet hat, muss gucken, wie er klar kommt. Besonders widersprüchlich ist das ganze, wenn man die fehlenden Betreuungsplätze dagegenhält. Einerseits müssen die Eltern dann schnell wieder zurück in den Job, andererseits müssen sie sich schon vor der Geburt um fehlende Kitaplätze Sorgen machen .