„Fashion for Future“: ein teures Vergnügen? (Rezension)

Das Elend in der Modeindustrie und die verehrenden Umweltauswirkungen von Produktion und Transport von Klamotten sind uns allen bekannt – und doch kaufen wir fleißig Neues, als ob wir das fördern wollten. Das ist weder nachhaltig, noch hilft es uns beim Sparen.

Claus Bretschneider will in „Fashion for Future“ zeigen, warum sich die Fashionindustrie dringend ändern muss und was du selbst dafür tun kannst. Ein teures Vergnügen oder bringt uns das dazu, Geld zu sparen? Eine Rezension

Meine Bewertung: kurz & knapp

Relevanz des Themas: ⭐⭐⭐⭐⭐
Aktualität: ⭐⭐⭐⭐⭐
Verständlichkeit: ⭐⭐⭐⭐
Nutzbarkeit der Tipps: ⭐⭐⭐
Geeignet für: alle mode- und/oder umweltbewussten Menschen

Allgemeine Angaben zum Buch

  • Titel: Fashion for Future: Wahrer Luxus ist fair, sauber und gesund für den Planeten – wie Du Deine Outfits wirklich cool machst
  • Autor: Claus Bretschneider
  • Seitenzahl: 160
  • ISBN: 978-3987550478
  • Erscheinungsjahr: 2023

Über den Autor

Die Modeindustrie ist aus Claus Bretschneiders Leben nicht wegzudenken. Die ersten Erfahrungen sammelte er im Wiener Familienunternehmen seiner Eltern, später baute er selbst erfolgreiche Marken auf und erhielt währenddessen tiefe Einblicke in die Abläufe und Gegebenheiten der Branche.

Heute betreibt er mit Breddy’s einen eigenen Online-Shop für nachhaltige Mode. Zudem arbeitet er als Berater für Modefirmen, die mehr Nachhaltigkeit in ihre Abläufe integrieren wollen.

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Inhalt

„Fashion for Future“ beschreibt, wie eine Wende in der Bekleidungsindustrie hin zu mehr Nachhaltigkeit funktionieren kann und warum dies keinen zeitlichen Aufschub mehr dauern darf. Das Buch ist gegliedert in drei große inhaltliche Abschnitte, welche jeweils viele Unterkapitel enthalten, die einzelne Diskussionspunkte auf wenigen Seiten zusammenfassen.

Nach der kurzen Einleitung erklärt Claus Bretschneider im ersten Teil, wie die Modeindustrie dem Planeten schadet und welche Auswirkungen die einzelnen Materialien und Produktionsschritte auf die Umwelt haben.

In Teil zwei geht es darum, was sich tun muss, um Mode zukunftsfähiger zu machen: Was muss sich dafür gesellschaftlich ändern? Was liegt in unserer eigenen Hand? Was können die Modefirmen tun? Wie wird die moderne Fashion-Fabrik der Zukunft aussehen?

Anschließend wird in Teil drei beschrieben, was jeder einzelne von uns für mehr Nachhaltigkeit in der Modeindustrie tun kann.

Rezension

Claus Bretschneider erklärt in „Fashion for Future“ welche Auswirkungen Fast Fashion auf die Umwelt hat und welche Menschenrechtsverletzungen wir mit jedem Klamotten-Kauf unterstützen. Die Auswirkungen des Fast Fashion Trends werden verständlich erklärt und mit einigen Beispielen untermauert.

Er wirbt für mehr Innovationen in der Modebranche und ein bewussteres Konsumverhalten. Zudem ist er davon überzeugt, dass jeder einzelne seinen Beitrag für mehr Nachhaltigkeit in der Modeindustrie leisten kann. Ich finde es gut, dass nicht nur auf die Probleme der Industrie hingewiesen wird, sondern dass zudem innovative Ansätze präsentiert werden.

Cost-per-Wear als Indikator für Nachhaltigkeit

Genau wie Claus Bretschneider bin ich der Meinung, dass es sich mehr lohnt, Dinge nicht nur für einen Anlass oder eine Saison zu kaufen, sondern solche, die man lange nutzen oder in diesem Fall lange tragen kann.

Auch der Second-Hand Markt ist eine tolle Möglichkeit, getragenen Kleidungsstücken ein längeres Leben zu verleihen, indem man sie an jemanden weitergibt, der sie gut gebrauchen kann. Zudem kann man über den Second-Hand Markt hübsche Unikate finden und bekannte Marken zu kleinen Preisen kaufen.

Beide Punkte spielen auf den sogenannten „Cost-per-Wear“ (CPW) an. Hier werden die Kosten für das einmalige Tragen eines Kelidungsstücks abgeschätzt, indem man den Kaufpreis durch die Häufigkeit des Tragens teilt.

Ein Wintermantel, der 100€ kostet und über einen Zeitraum von 5 Jahren 200 mal getragen wird, kommt auf einen Cost-per-Wear von 50 Cent. Das rote paar Pumps für 40€ für die Hochzeit der besten Freundin kommt auf einen CPW von 40€, wenn es anschließend nur noch im Schuhschrank steht.

Insgesamt lässt sich sagen, man handelt meistens nachhaltig, wenn der CPW für alle Klamotten und Schuhe im Kleiderschrank möglichst klein ist. Bei Second-Hand-Fashion kommt hier noch hinzu, dass man diese ja für einen deutlich geringeren Preis einkauft als Neuware und der CPW daher abermals geringer ist.

Dieser Punkt wird in „Fashion for Future“ nur am Rande erwähnt.

Nachhaltigkeit? Ja, aber wie soll ich sie kaufen?

Es stimmt zwar, dass jeder selbst seinen Beitrag zum nachhaltigen Wandel in der Bekleidungsindustrie leisten kann und sollte, doch wissen viele Menschen hier einfach nicht, wie sie das tun sollen.

Dass die Arbeitsbedingungen in Nähereien in Bangladesch etc. grausam sind, ist vielen bewusst. Auch dass es nicht gut für die Umwelt sein kann, ständig shoppen zu gehen, ist grundsätzlich nichts Neues. Claus Bretschneider erzählt in seinem Buch, warum genau das so ist und warum die Branche sich mit einem Wandel schwer tut, obwohl das Bewusstsein längst da ist.

Was den Menschen jedoch fehlt, sind vertrauenswürdige Alternativen zu H&M, SHEIN und Co. Denn nur weil das T-Shirt von Marc’O Polo 40€ kostet anstatt 10€, kann man noch lange nicht annehmen, dass die Näherinnen hier bessere Löhne bekommen oder dass Marc’O Polo sich mehr für Umweltstandards entlang seiner Lieferkette einsetzt. Zum Teil stammen die Shirts von verschieden bepreisten Marken sogar aus den gleichen Fabriken. Hier zahlt man also mehr Geld für die Marke, nicht für bessere Umweltstandards.

Claus Bretschneider beschreibt, dass Transparenz über die Lieferkette bei den großen Bekleidungsfirmen in der Regel nicht vorhanden ist, weil sie bei der Produktion ihrer Ware über Zulieferer arbeiten und diese wiederum auch ihre eigenen Lieferanten haben. Dies lässt Spielraum für Greenwashing, was das Vertrauen von uns Konsumenten in Nachhaltigkeitsversprechen von Modemarken zerstört.

Keine Positiv-Beispiele

Aus diesem Grund hätte ich es schön gefunden, wenn Claus Bretschneider in „Fashion for Future“ ein paar positive Beispiele für Firmen genannt hätte, die bereits nachhaltig produzieren und zu ihren Versprechen stehen. Auch Firmen, die Nachhaltigkeit zwar noch nicht komplett für sich umgesetzt haben, aber die bereits gute Ansätze verfolgen, hätte man erwähnen können,

Das Aufspüren von nachhaltigen Modelabels bleibt so Rechercheaufgabe für jeden selbst. Hierbei sollte man insbesondere auf die Offenlegung der Lieferkette achten, empfiehlt der Autor. Er verweist an ein paar Stellen in „Fashion for Future“ auf sein eigenes Unternehmen Breddy’s, das bereits auf langlebige Kleidung aus nachhaltigen Materialien setzt.

Klar stehen andere nachhaltige Modefirmen in Konkurrenz zu Breddy’s, doch das sollte an dieser Stelle nicht relevant sein: Denn je mehr Menschen bei Fair Fashion mitziehen, desto besser ist es für die Umwelt, den Planeten und damit für uns alle.

Recherchieren kostet allerdings Zeit, ist aufwändig und die Ergebnisse sind mäßig vertrauensvoll..

Meine Recherche: Wie nachhaltig ist das wirklich?

Nachhaltige Modelabels sind gar nicht so einfach aufzuspüren, selbst wenn man sich darum kümmern möchte. Ich habe selbst einmal geschaut, welche Fair Fashion Marken für mich Sinn machen würden, und war von meiner flüchtigen ersten Recherche nicht wirklich überzeugt.

Ein paar kleinere Labels habe ich gefunden, die sich nachhaltig aufgestellt haben und gemäß ihrer Website Biobaumwolle und Produktionsstätten in Europa nutzen. Das sind beides gute Ansätze – aber reichen sie schon, um die Produkte als „nachhaltige Mode“ zu klassifizieren? Und kann man den Angaben auf der Website ohne weiteres trauen? Besser sollte man doch noch nach externen Agenturen suchen, die diese Labels klassifiziert haben, oder nicht?

Auch bei Loveco geschaut, einem der größten Online-Shops für nachhaltige Kleidung. Sie versprechen, nur langlebige Mode aud nachhaltigen Materialien anzubieten. Zudem stehe Gründerin Christina im „ständigen Austausch“ mit allen Labels über „Schnitte, Materialien und Produktionsbedingungen„.

So weit so gut. Ohne mich noch genauer über Loveco zu informieren, habe ich mir dann die Kollektionen angeschaut und ein Kleid gefunden, das mich angesprochen hat. Es bestand aus Biobaumwolle, TENCEL und Leinen, wurde aber in China produziert. Dies wurde auch nicht näher spezifiziert und hat mich daher erstmal ein bisschen abgeschreckt.

Wie viel besser ist dann so ein Kleid, als eines, das ich mir bei ZARA kaufe? Auf Anhieb ist mir das nicht klar. Dafür müsste man tief einsteigen, über Loveco und das Label recherchieren, Emails an die Anbieter schreiben etc. Und das gleiche nochmal bei einem anderen Label machen, falls sich heraussstellt, dass das Kleid von Loveco doch gar nicht so nachhaltig ist, wie es zuerst scheint.

Insgesamt also ziemlich viel Aufwand für die gute Sache.

Hat Nachhaltigkeit seinen Preis?

Welches Thema aus meiner Sicht als Finanzbloggerin auch etwas zu kurz kommt, ist das Thema Kosten. Allgemein bekannt ist: Qualität kostet. Nachhaltigkeit kostet. Fast Fashion ist günstig.

Die Klamotten, die ich mir im Zuge meiner kleinen Nachhaltigkeits-Recherche angesehen habe, lagen preislich deutlich über dem, was ich zuletzt für solche Kleidungsstücke ausgegeben hab.

Dennoch kann man nicht pauschal behaupten, dass nachhaltige Mode für uns deutlich mehr Kosten verursacht. Denn sie ist meistens zeitlos und viel langlebiger als Fast-Fashion-Items.

Wenn man sich nur ab und zu Kleidung kauft, diese dann aber länger trägt, dann gibt man im Endeffekt meist weniger aus, als wenn man sich ständig Klamotten neu kauft bzw. neu kaufen muss, weil die alten kaputt sind. Hinzu kommt, dass man viel weniger in Versuchung kommt, sich von Schaufensterpuppen und neuen Kollektionen inspirieren zu lassen, wenn man seltener in die Stadt geht (oder seltener in Online-Shops stöbert).

Womit du sogar Geld sparen kannst, ist das bewusstere Konsumieren von Kleidung. Kaufe dir Sachen, die zeitlos sind, die du zu verschiedenen Anlässen tragen kannst und die dir auch noch in 5 Jahren gefallen werden, wenn sich die Trends längst geändert haben. Auch mit Second-Hand Kleidung lässt sich einiges an Geld sparen und wenn du magst kannst du dir sogar durch den Verkauf von Teilen über Second-Hand-Plattformen etwas dazuverdienen.

Männer, Frauen, Kinder

Ein bisschen hatte ich den Eindruck, dass „Fashion for Future“ mehr an Männer gerichtet ist als an Frauen. Der Tipp, eine Woche lang in den selben Klamotten herumzulaufen, lies sich zumindest mir die Nackenhaare aufstellen.

Klar muss man nicht jedes Teil nach dem einmaligen Tragen direkt in die Wäsche werfen, aber man schwitzt durchaus tagsüber in den Klamotten. Hinzu kommt, dass ein solcher Umgang gesellschaftlich auch noch nicht akzeptiert ist – für Frauen noch weniger als für Männer. Hier gibt es ja meistens 1-2 Looks, die ganz gut sind und die sie gerne leicht variiert durchgängig tragen – wenn auch jeweils mit anderen Kleidungsstücken.

Mich hätte interessiert, welche Tipps Claus Bretschneider für Sportler bereit hält und wie er sich unser Verhalten im Bezug auf Kindermode wünscht. Denn Kinder wachsen schnell aus ihren Klamotten heraus, die wenigsten Familien werden da viel Geld für nachhaltige Mode für Kinder ausgeben können und wollen.

Fair Fashion: Let’s influence others

Claus Bretschneider beschreibt den Einfluss der Fashion-Influencer markant für zukünftige Entwicklungen in der Industrie. Dieser Aspekt ist nicht wegzudiskutieren: Influencer erreichen über Instragram, TikTok und Co. jeden Tag Tausende oder gar Millionen von Menschen. Und Mode ist ein Produkt, das sich wie kaum ein anderes visuell auf Social Media in Szene setzen lässt. Hier gibt es super viele, bisher ungenutzte Potenziale, um Fair Fashion groß zu machen.

Fazit

Das Buch eignet sich für alle modebewussten Menschen, Mode-Influencer, für alle, die sich gerne gut kleiden und alle, die einen Beitrag für eine bessere Zukunft leisten wollen. Es gibt einem einige Punkte zum Nachdenken über das eigene Verhalten und Modebewusstsein mit.

Zudem werden Wege gezeigt, um Fast Fashion zu meiden und stattdessen wertorientiert einzukaufen und die Branche in eine andere, nachhaltige Richtung zu lenken. An manchen Stellen ist dies leider etwas schwammig: konkrete Marken werden nicht genannt, ebenso gibt es keine direkte Anleitung, um diese zu finden.

Auch der Spar-Aspekt von nachhaltigem Verhalten hätte noch deutlicher herausgestellt werden können. Denn gerade in wirtschaftlich eher dünnen Zeiten und den hohen Inflationsraten in den letzten Jahren kann das für manche Menschen das Zünglein an der Waage sein, mehr Nachhaltigkeit in den eigenen Kleiderschrank zu bringen – oder eben nicht.

Insgesamt liefert das „Fashion for Future“ viele gute Ansätze, die noch von viel mehr Menschen gelesen und umgesetzt werden sollten – für eine bessere Zukunft der Näherinnen, der Umwelt, des Planeten und damit von uns allen.

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Dieser Beitrag hat 6 Kommentare

  1. Queen All

    Ein wichtiges Thema und wie du schreibst, braucht es auch konkrete Lösungsansätze. Sonst bleibt der Leser ratlos zurück und es ändert sich wenig.
    Kinderkleidung geht ja oft durch viele Hände, einfach weil die Kleinen so schnell raus wachsen, dass selbst „normale“ Kleidung zu teuer wäre. Da können wir uns alle mal eine Scheibe Nachhaltigkeit abschneiden.
    Ich selbst bin kein so großer Second Hand Fan, da ich hier in der Nähe auch nicht die große Auswahl habe und einfach nichts finde. Wir haben allerdings eine lokale „Hoddie-Manufaktur“ hier, die selbst produzieren und die Hoddies halten ewig (Achtung, unbezahlte Werbung: Wasni). Leider trage ich ganz gerne auch mal andere Sachen, sonst dürften die mich von Kopf bis Fuß einkleiden. Mein Mann trägt die täglich, CPW liegt im unteren NullKommaNull-Bereich

    1. Hanna

      Super dass die Hoodies so oft getragen werden können 🙂
      Wenn man ab und zu neue Klamotten tragen will, ist Second Hand leider mit die einzige brauchbare Lösung die wir heute haben. Es sei denn man kennt sich gut aus und kennt Labels, die wirklich nachhaltig produzieren, nicht nur dem ersten Anschein nach. Hoffen wir das in Zukunft mehr Transparenz in den Markt kommt.

  2. Lydia Braun

    Hallo, deine Artikel sind wie eine Quelle der Weisheit. Bitte lass uns mehr davon haben! Liebe Grüße

    1. Hanna

      Danke dir 🙂

  3. Jasmin

    Vielen Dank für diesen Beitrag. Das Buch steht nun auch auf meiner Liste.

    Ich bin ebenfalls davon überzeugt, dass Faur Fashion auf lange Zeit hin gerechnet günstiger ist. Mein grösstes Problem ist, wie du bereits beschrieben hast: das Auffinden solcher Shops. Da ist noch viel möglich. Vor allem, da leider heute für die meisten alles sofort auf dem Silbertablett serviert werden muss und oftmals keine Zeit in eine eingehende Recherche investiert wird.

    Danke für die Buchempfehlung!

    1. Hanna

      gerne, freut mich dass meine Rezension dir weitergeholfen hat, Jasmin 🙂

      Leider wissen wir heutzutage gar nicht genau, welchem Anbieter man trauen kann und welchem nicht. Es gibt so viel Greenwashing in der Branche dass Modelabels, die sich wirklich um Nachhaltigkeit bemühen, schwierig zu finden sind. Es bräuchte eine unabhängige Kommission oder ähnliches die alle Anbieter einmal prüft und die Umwelt- und Sozialstandards einmal genau unter die Lupe nimmt

      Liebe Grüße,
      Hanna