Marketing: das faszinierende Übel unserer Geldsorgen

Es gab einmal eine Zeit, da gab es keine Marken, die versuchten Konsumenten zu überzeugen, unbedingt ihre Produkte kaufen zu müssen – egal ob sie nützlich sind oder nicht. Es gab nur Produkte, die man kaufen konnte wenn man wollte. Klingt nicht schlecht, oder?

Lang ist’s her. Marketingansätze reichen in der Geschichte bis ins Jahr 3000 vor Christus zurück, als die Schrift gerade erst erfunden ward und Menschen Dinge auf Tontafeln notierten. Die Erfindung des Buchdrucks im Jahr 1450 gab schließlich den Startschuss für die Massenproduktion von Werbung in gedruckter Form.

Heutzutage gibt es neben Anzeigen in Printmedien genauso Online- und Social Media Marketing, zwei Bereiche dessen Relevanz für Firmen stetig steigt. Als Firma kann man sich hier gegen schon lange nicht mehr wehren, Marketing gehört dazu, um bekannt zu werden, die Position im Markt auszubauen und letzendlich mehr Produkte oder Dienstleistungen zu verkaufen.

Warum hat sich Marketing mal jemand ausgedacht?

"Marketing dient dazu, eine Marke, eine Dienstleistung oder ein Produkt für bestimmte Personen auf dem Markt interessant zu machen."; Quelle: https://sevdesk.de/lexikon/marketing/

Die Melonenscheiben auf dem Bild rechts zum Beispiel sind rot, saftig und frisch, in einer gemütlichen Umgebung – sie regen dazu an, dass Du Lust hast, dir direkt eine davon zu nehmen. Und genau so funktioniert Marketing. Es sol Kunden dazu verleiten, das Produkt zu wollen.

Marketing Titelbild

Durch Marketing wollen sich Firmen ebenso voneinander abgrenzen und die Einzigartigkeit ihrer Produkte und Marke für den Konsumenten darstellen. Die Marke soll in einem positiven Kontext wahrgenommen werden, ein Markengefühl soll entstehen. Firmen verfolgen dadurch zwei Ziele:

1. Zur Abgrenzung von der Konkurrenz

Erstens soll der Konsument durch Marketing davon überzeugt werden, genau das Produkt zu kaufen und nicht das ähnliche und beinahe gleiche Produkt eines Konkurrenten. Marketing stellt die besten Eigenschaften des Produktes heraus oder sorgt schlicht einfach dafür, dass die Marke als cool, hip oder als Experte in ihrem Bereich wahrgenommen wird. Dies wird verwendet, um Margen zu rechtfertigen und hohe Preise für ein Produkt zu verlangen. Hierbei zahlt man dann nicht nur die Kosten der Produktion und Fertigung, sondern ebenfalls Geld für die Marke, die man kauft. Dies übersteigt nicht selten die Produktionskosten um ein Vielfaches. Und Du musst hierfür einen nicht unbedingt kleinen Teil deines Gehalts aufwenden.

Das Luxus-Argument

Gerade im Luxussegment ist die Verbindung zwischen den Kosten, die es braucht um das Produkt herzustellen zu dem Preis, den man für das fertige Produkt zahlt, verschwindend gering. Hier geht es häufig vor allen darum, das Produkt zu besitzen und sich selbst dadurch von anderen zu unterscheiden – quasi als Statussymbol. Sich abzugrenzen von den Personen, die nur „gewöhnliche“ Produkte kaufen.

Während meines Auslandssemesters in Lissabon habe ich eine Freundin gehabt, ich nenne sie hier Jana, die schon damals zwei Luxus-Produkte besaß: eine Handtasche und ein Portemonnaie von Lui Vuitton. Damals fand ich das zugegebenermaßen auch irgendwie faszinierend, denn wir waren ja gerade erst im Studium und hatten dementsprechend nicht so besonders viel Geld insgesamt zur Verfügung. Und zumindest ich hatte auch im Vorfeld Geld für mein Auslandssemester zurückgelegt, um währenddessen mehr Reisen und  mehr unternehmen zu können.

Etwas Besonderes sein durch Dinge

Oh wow, dachte ich, Jana muss ja viel Geld haben, sie kann sich sogar diese Dinge kaufen, obwohl sie noch im Studium ist. Dass sie auf diese zwei Luxusartikel womöglich jahrelang gespart hatte oder dass sie hatte Einschnitte an anderer Stelle machen müssen, kam mir damals nicht in den Sinn. Ich hatte mich bis dato nicht wirklich mit Dingen dieser Art beschäftigt, zum einen weil ich noch studierte und zum anderen weil ich sowieso nie das Gefühl hatte, so etwas gerne besitzen zu wollen.

Natürlich sah ich allerhand Luxusartikel wenn ich Frauenzeitschriften durchblätterte, aber die Preise der Handtaschen, Kleider und Schuhe, die von der Redaktion empfohlen wurden, fand ich immer schon utopisch. Welche Frau, dachte ich, soll die Zeitschrift aufschlagen, sich in einen dieser Artikel verlieben und ihn dann auch direkt kaufen können? Da gibt es sicherlich nur sehr wenige Frauen. Aber das Ziel hier ist hier ja auch nicht, dass viele es kaufen, sondern vor allem, dass viele es haben wollen – im Gegensatz zu den unbedeutenden Konkurrenzprodukten.

2. Damit wir mehr Geld ausgeben

Zweitens – und diesen Punkt finde ich noch viel fragwürdiger als den ersten – soll der Kunde davon überzeugt werden, überhaupt ein Produkt zu kaufen. Eines, das er ursprünglich gar nicht haben wollte oder vorhatte zu kaufen.

Wenn ich es mir recht überlege, hätte ich mir damals auch wie Jana die Handtasche und das Portemonnaie von Lui Vuitton kaufen können. Ich hätte zwar auf meine Ersparnisse zurückgreifen müssen, aber ansonsten wären hier keine Einschnitte für mich nötig gewesen. Aber wozu? Um dann einen gewissen „Status“ zu haben? Um dann anderen davon erzählen zu können?

Das Glanz-und-Glamour-Argument

Viele Frauen, die Frauenzeitschriften aufschlagen, wollen etwas von dem ganzen Glanz und Glamour, der dort versprüht wird, abhaben. Und wenn ich ehrlich bin, geht es mir da nicht anders. Die Zeitschriften zeigen eine hübsche Welt fernab unseres Alltags und man möchte sich einfach gern ein Stück „rausgreifen“ und mit in die eigene Welt nehmen. Natürlich kostet das Geld, aber das steht hier erstmal nicht an vorderster Stelle.

Auch von Janas Luxus-Produkten war ich erst einmal beeindruckt. Ich dachte nicht „oh, da hat sie aber viel Geld ausgegeben, eventuell musste sie dafür Schulden aufnehmen oder Monate lang ihr Privatleben einschränken„. Ich ging automatisch davon aus, dass Jana, da sie sich die Sachen gekauft hatte, auch über genügend Geld verfügte, sodass dies für sie möglich war und kein Problem darstellte.

Und genau das ist es, was das Ganze so faszinierend macht: wir gehen automatisch davon aus, dass jemand viel Geld hat, nur weil er sich einmal etwas besonders teures gekauft hat und davon erzählt.

Die Nützlichkeit des Ganzen

Denn gesehen habe ich Janas Lui Vuitton Tasche und das Portemonnaie nicht. Sie hatte beides nicht mit nach Portugal genommen, was irgendwie auch verständlich war. Doch ihre Absicht, die beiden teuren Produkte zu schützen, ging noch weiter. So hatte sie die Tasche während des Auslandssemesters von ihrer WG in Berlin zu ihren Eltern gebracht. Dies fand sie „viel sicherer“, denn es konnte ja sein dass ihre Mitbewohner mal Freunde einluden und eine WG Party feierten und dies eventuell Auswirkungen auf die Tasche hatte.

Und das Portemonnaie? „Das würde ich eh nie richtig verwenden“ sagte sie „es kann ja immer sein, dass einem so etwas mal gestohlen wird“.
„Ja“, meinte ich „sowas kann sein und das ist immer sehr ärgerlich, gerade auch wegen den ganzen Dokumente und Karten.“
„Ach was,“ sagte Jana verständnislos „die kann man doch alle sperren lassen. Aber wenn mein Lui Vuitton Portemonnaie gestohlen wird, dann sind meine 800€ weg und die sehe ich dann nie wieder!“

Ich fasse also noch einmal zusammen: Jana hatte sich die beiden Luxusartikel gekauft und es gelang ihr, damit Aufmerksamkeit zu bekommen. Aber wirklich nutzen wollte sie die Dinge nicht, sie wollte sie vor allem besitzen. Das heißt, die Dinge stehen nur bei ihr zu Hause herum und werden vielleicht nett in der Vitrine platziert. Und dies hatte sich Jana eine Stange Geld kosten lassen.

Natürlich ist dieses Phänomen bei Luxusmarken weitaus ausgeprägter als bei Marken wie Nike oder Coca Cola, aber das Prinzip ist das gleiche: Wir geben mehr Geld aus als wir müssten, um Produkte zu bekommen, dessen Qualität ein wenig besser sein mag als die des Standardprodukts, aber vor allem, um hierdurch gesellschaftlich ein Statement zu setzen.

Im Falle von Nike mag dies sein „Sport ist mir wichtig, ich mache gern Sport und nutze dafür auch gutes Equipment“. Genauso steht Coca Cola für einen gewissen Standard in Sachen Lifestyle. Auch wenn das Unternehmen recht unsympathisch und einer der größten Umweltsünder unseres Planeten ist, so magst du zu der nächsten Party eher ungern die Cola der Eigenmarke von Aldi oder Netto mitbringen – ganz gleich ob diese nicht vielleicht sogar besser schmeckt.

Wir geben also mehr Geld aus, indem wir Markenprodukte kaufen anstatt Produkte von No-Name Brands, die vielleicht die gleiche Qualität haben. Und wir werden sogar dazu motiviert, Sachen zu kaufen, die wir eigentlich gar nicht brauchen. Ich glaube über den ökologischen Aspekt davon müssen wir an dieser Stelle gar nicht diskutieren.

Was können wir gegen Marketing-Manipulation tun?

Der erste Schritt ist auf jeden Fall, dass wir uns einmal bewusst machen, dass Firmen mit Marken vor allem darauf abzielen, unser Geld in ihre Taschen zu holen – ganz gleich ob wir die Produkte nun wirklich brauchen oder nicht. Denn jede Firma möchte vor allem ihren Gewinn maximieren. Das Interesse der Firma, dir etwas gutes zu tun, ist nicht damit gleichzusetzen.

Ferner sollten wir uns unsere Kaufentscheidungen bewusst machen. Ich sage nicht, dass Du keine Markenprodukte mehr kaufen sollst, nur braucht man sie vielleicht nicht an jeder Stelle kaufen, sondern nur dann, wenn sie für dich Sinn machen.

Produkte und Preise zu vergleichen ist darüber hinaus sehr hilfreich, um Artikel mit einem guten Preis-Leistungsverhältnis zu finden. Leider ist der Markt hier nicht immer transparent und die Recherche manchmal recht aufwendig und zeitintensiv.

Der beste Tipp, den ich Dir an dieser Stelle geben kann, ist jedoch: Höre auf, dich, dein Leben und die Produkte, die Du kaufst, mit anderen zu vergleichen. Denn einige Produkte werden erst durch die Diskussion mit anderen zu dem, was sie einzigartig macht. Wie viel Spaß hätte beispielsweise Jana gehabt, wenn sie niemandem hätte von ihren Luxusartikeln erzählen können? Schlage die Hochglanzzeitschriften zu und vertraue auf dein Gefühl das zu kaufen, was wirklich sinnvoll und nützlich ist.

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Dieser Beitrag hat 5 Kommentare

  1. Mia

    Ich finde es enorn dass Jana die Produkte dann gar nicht richtig verwendet hat. Eigentlich müsste man etwas, das so viel kostet, doch zur Schau tragen, wann immer möglich.

    1. Redaktion

      ja, ich weiß auch nicht genau, warum sie das so gemacht hat. Sie wollte auf jeden Fall nicht, dass eines der Sachen kaputt geht, nur bringt es ihr dann leider auch nicht viel, die Sachen überhaupt zu haben

  2. Ira

    Luxusartikel sind schon ein Phänomen – Marken im Allgemeinen sind es. Ich kaufe wenn es geht NoName Produkte, da ich es einfach nicht einsehe, mehr zu zahlen als nötig. Und ich bin zufrieden – man lebt damit sehr gut und komfortabel. Wenn ich zu einer Party etwas mitbringe, dann nehme ich allerdings auch Markenprodukte, denn ich finde das gehört sich so.

    viele Grüße,
    Ira

  3. Queen All

    Ich verstehe prinzipiell nicht, warum die Menschen so sehr auf Marken abfahren. Ich würde niemals als laufende Litfaßsäule für Marken kostenlos Werbung machen und hasse aufgedruckte Logos. Es ist schade, wenn die Leute glauben, sich selbst mit teuren Markenprodukten aufwerten zu müssen.